Weiter gehts mit dem 2. Teil der Simbabwe Rugby Tour. Steigen wir am besten auch gleich in den 2. Tag des Rugby Festivals ein.
Der große Augenblick war gekommen, das erste planmäßige Spiel stand an und das war auch gleich ein richtiger Brocken, im wahrsten Sinne des Wortes. Unsere ersten Gegner war die Jungs vom St John’s College, dieses gilt als das 2. beste Schulrugby Team aus ganz Simbabwe.
Unsere Jungs haben echt ihr Bestes gegeben, aber am Ende mussten wir mit einer hohen Niederlage leider zu geben, dass dieses Team momentan einfach eine Nummer zu groß für uns ist. Doch sich dies einzugestehen war gar nicht so einfach, monatelang haben die Jungs täglich so hart für dieses Event trainiert und das sollte der Lohn dafür sein?
Für mich persönlich war die Niederlage nicht halb so schlimm, wie die Tränen in den Augen der Jungs.
Um so wichtiger war es, dass wir jetzt Stärke zeigten und versuchten sie wieder aufzubauen. Immerhin standen noch mindestens 2 weitere Spiele an.
Glücklicherweise waren wie wieder dafür genau am richtigen Ort, die Stimmung des Festivals half uns, das Feuer der Jungs wieder zu wecken und sie daran zu erinnern wofür wir hier sind. Außerdem sind sie es vom Rugby natürlich gewohnt, “zu fallen” und wissen, nur wer einmal mehr auf steht kann gewinnen. So haben wir den restlichen Tag damit verbracht andere Spiele anzusehen, die Stimmung aufzusaugen und daraus Energie zu ziehen.
An dieser Stelle möchte ich auf eine Situation noch etwas genauer eingehen: Die Spiele die auf dem großem „Hauptplatz“ gespielt wurden, waren immer sehr gut besucht und wir haben uns einfach dahin gesetzt, wo wir noch Platz gefunden haben. Eines der Spiele saßen wir neben einer Gruppe von Eltern, die ihre Jungs beim Rugbyspielen mit lauten Rufen angefeuert haben und ihrer Freude bei jeder gelungenen Aktion vollen Ausdruck verliehen haben. In Deutschland denkt man jetzt vielleicht ‚Ja das ist doch ganz normale Freude, wenn die Kinder etwas gut machen‘, doch für unsere Jungs war das sehr besonders. Die meisten Eltern der Jungs sind noch nie zu einem Spiel gekommen, um ihre Kinder anzufeuern und zu unterstützen. Viele Eltern haben ihre Kindern noch nie Spielen gesehen. Das liegt natürlich an vielen verschiedenen Gründen, aber einer der Hauptgründe ist, dass der Sport den meisten Eltern eher ein Dorn im Auge ist, da er die Kinder in ihren Augen lediglich von der Schule ablenkt und gegebenenfalls davon abhält, für die Familie zu arbeiten.
Auch der nächste Tag sollte die Jungs nochmal von dem vorher gegangenem Spiel ablenken und neue Eindrücke schaffen. So haben wir diesen Tag genutzt, um uns Simbabwes Hauptstadt Harare etwas genauer anzusehen, bei anderen Rugbyspielen jede Stimmung aufzusaugen und natürlich eine lockere Strategie/Spielplan Trainingseinheit zu absolvieren.
Zu der Stadt an sich kann ich auf jeden Fall sagen, dass es die „europäischste Stadt“ ist, die ich in Afrika bis jetzt gesehen habe. Es gibt viele moderne Hochhäuser, Malls und eine sehr gute Infrastruktur. Ich muss allerdings auch sagen, dass die Spaltung zwischen arm und reich dadurch auch sehr extrem wirkt. Es gibt eben diese „modernen Ecken“ aber auch total runtergekommene Viertel mit viel Armut.
Am 3. Mai spielten wir dann unser 2. Spiel gegen die Heimmannschaft, Prince Edward. Die Erste Hälfte sah sehr gut aus und endete 0:0. Die 2. Hälfte sah leider etwas anders aus, unsere Jungs waren kaputt vom defensiv Spiel der 1. Hälfte und mussten so 3 Trys zulassen. So verloren wir leider auch unser 2. Spiel. Dennoch waren eindeutige Verbesserungen zu sehen.
Eins war sicher, jede Möglichkeit von Spielpraxis muss genutzt werden, denn genau das ist es, was den Jungs aus Sambia fehlt. Deshalb haben wir uns für den nächsten Tag als Reserve Team aufstellen lassen und hofften darauf, das ein anderes Team absprang, um eine weitere Erfahrung mitnehmen zu können. Tatsächlich hatten wir Glück und konnten am frühen Nachmittag gegen das Glen View Team spielen und endlich ging unser Plan auf! Die Jungs spielten völlig befreit ihr bestes Rugby und nutzen ihre Schnelligkeit gegen die schweren Spieler aus. Am Ende gewannen wir 22-05 und die Gesänge und Tänze unsere Jungs waren ein Bild purer Freude, dass ich niemals vergessen werde.
Eine weiter sehr viel weniger schöne Erfahrung, aber genauso unvergesslich, ereignete sich noch am selben Abend. Bevor wir schlafen gingen, saßen wir wie jeden Abend noch zusammen und unterhielten uns, doch diesmal ging es um sehr ernste Themen: jeder der Jungs erzählte “seine Geschichte”, wie ihr Leben bis hier her verlaufen ist, vor allem über die schwierigen Zeit und wie sehr ihnen Rugby geholfen hat.
An dieser Stelle möchte ich überhaupt nicht zu sehr ins Detail gehen, da die Geschichten alle sehr privat waren. Aber ich kann euch sagen, dass es eine der herzzerbrechendsten Momente meines Lebens war, diese starken Jungs, die eben noch auf dem Feld standen und so frei und glücklich wirkten, nun zu sehen, wie sie weinend von den dunkelsten Zeiten ihres Lebens erzählten. Ich kannte sogar schon die eine oder andere Geschichte, die mir der Coach erzählt hat, aber aus dem Mund der Kids ist das natürlich nochmal was ganz anderes. Noch immer bekomme ich eine Gänsehaut, wenn ich nur daran denke, noch immer kann ich nicht fassen, was diese Jungs schon durchgemacht haben und gleichzeitig bin ich so stolz, dass sie nicht abgestürzt sind, oder wenn sie es schon waren, es irgendwie wieder rausgeschafft haben. Nein, nicht irgendwie, dank dem Coach, der sich so sehr für sie einsetzt, dank dem Team, dass sie vom falschem Umgang fern hält und dank Rugby, was ihnen ein klein wenig Unbekümmertheit, Zeit ohne Probleme verschafft.
Das letzte Spiel stand am nächsten Tag gegen das Ryding College an. Leider waren zu diesem Zeitpunkt schon einige Spieler verletzt und da wir mit einem kleinen Team angereist sind, hatten wir auch nicht genug Auswechselspieler. Trotzdem, aufgeben kam nicht in Frage.
Die erste Hälfte lief super, wir waren die klar dominierende Mannschaft und konnten sogar mit 3 Punkten Führung in die Pause gehen. In der Zweiten Hälfte dagegen wirkten die Jungs fast zu locker und selbstbewusst, sodass viele Flüchtigkeitsfehler dazu führten, dass letztlich doch das Ryding College gewann.
Ich denke dies war eine wichtige Lehre für die Jungs: unterschätze niemals einen Gegner!
Und so endete das Turnier für uns. Mit 3 Niederlagen, einem Sieg, vielen wichtigen
Erkenntnissen und natürlich auch nicht zu vergessen: einer Woche ohne Alltagsprobleme und dafür umso mehr wundervolle freudige Momente.
Und für mich ganz persönlich rückblickend, eindeutig meine schönste aber auch lehrreichste Woche, während meines ganzen Freiwilligendienst.
Nochmals es kann nicht oft genug gesagt werden: vielen vielen dank, an alle die mir gespendet haben oder auch direkt an den Verein gespendet haben, wie beispielsweise Niklas Dietrich, sozusagen mein “Freiwilligenvorgänger”, der von Deutschland aus, durch Spendensammeln, sehr viel zu der Ermöglichung dieser Woche beigetragen hat.